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Brauch des Anschießens bei Hochzeiten

Im Allgäu und weit darüber hinaus ist es lange Zeit üblich gewesen, dass es speziell bei Hochzeiten nach traditionellem Ritus an dem Tag, an welchem das sog. „Brautfuder“ ins neue Heim der Braut überführt wurde, geschossen worden ist, um die bösen Geister an diesem Jubeltag zu vertreiben. Davon ausgehend hat sich mangels „Brautfuder“ bis in die Gegenwart die abgewandelte Tradition erhalten, das Aufwecken der Brautleute und deren Familien um 05:00 Uhr mit Schussfolgen durch die ledigen jungen Männer aus der Nachbarschaft oder die Schulkameraden als sog. „Anschießen“. Diese Tradition wird in der Bevölkerung bis heute noch sehr anerkannt.

Nach den Regeln des Brauchs wird dabei ein Salut, d.h. eine Abfolge von drei Schüssen kurz hintereinander und ein weiterer letzter Schuss, wenn die Braut das elterliche Haus verlässt, mit Hilfe einer Böllerkanone abgegeben. Im Übrigen ist es erst seit wenigen Jahrzehnten üblich, die Anschießer zu einer Brotzeit mit Frühschoppen  einzuladen.

Heute wird vielfach und in Unkenntnis dessen, was hier wirklich  Brauch ist, das Anschießen überstrapaziert. So wurde z.B. am vergangenen Wochenende bei einem mehrfachen Anschießen 7 bis 8 Salutfolgen über einen Zeitraum von 25 Minuten abgegeben, bei der Verabschiedung der Braut nochmals 3 bis 4 Salutfolgen.  Mit einem solchen Geballere wird dem hohen Ansehen von Sitte und Brauch ein immenser  Schaden zugefügt. In der Nacht vor dem großen Tag der eigenen Hochzeit, in der man als Hauptperson nach eigener Erfahrung des Verfassers, wohl selten tief schläft, lehrt uns die Lebenserfahrung, dass man nach 3 Schüssen definitiv wach ist und dann der Weckruf seine Aufgabe erfüllt hat. Weitere Salutschüsse machen somit keinen Sinn und sind brauchwidrig!

An alle künftigen „Anschießer“: Haltet euch mit Respekt  an den ursprünglichen Brauch und lasst unnötiges Geballere sein! Ein Brauch darf nicht widersinnig oder zum Selbstzweck missbraucht werden, da ansonsten sein Ansehen und Akzeptanz massiv schwindet. Und das kann sicherlich nicht das Ziel von allen traditionsbewussten Allgäuern sein.

Der Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass ein Anschießen eigentlich eine Genehmigung nach dem Sprengstoffgesetz benötigt und diese aus Gründen des Immissionsschutzes erst ab 07:00 Uhr erteilt werden kann. Verstöße dagegen können  mit Bußgeld belegt werden, eine Benutzung selbstgebauter oder illegaler Schussgeräte ist teilweise sogar ein Straftatbestand.

Die Dorfgemeinschaft wünscht allen künftigen (vernünftigen) Anschießern viel Spaß bei der aktiven Brauchtumspflege.

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